Der unerfüllte Kinderwunsch

Unerfüllter Kinderwunsch ist ein Paarproblem. Man geht davon aus, dass in bis zu 50% der Fälle eine männliche Fruchtbarkeitsstörung ursächlich ist.
Von großer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen Samentransport- und Samenproduktionsstörungen. Zur ersten Gruppe gehören Verschlüsse der ableitenden Samenwege, die den Nebenhoden oder den Samenleiter betreffen können. Solche Verschlüsse können angeboren, oder im Rahmen von Entzündungen und Genitalverletzungen erworben sein. Die häufigste Ursache ist die operative Unterbindung beider Samenleiter bei Sterilisationswunsch. Bei den Produktionsstörungen werden im Hoden unzureichende – im schwersten Fall auch gar keine – Spermien gebildet. Diese Veränderungen sind angeboren oder können z.B. die Folge von Hodenentzündungen nach Mumpserkrankung oder eines Hodenhochstandes in der Kindheit sein. Eine typische erbliche Form dieser männlichen Unfruchtbarkeit ist das Klinefelter-Syndrom. Inwieweit eine Krampfader des Samenstranges (Varikozele) zu einer Fruchtbarkeitsstörung führt, ist umstritten. Störungen der hormonalen Regulation, Allgemeinerkrankungen, Medikamenteneinnahme, Umweltfaktoren (Strahlen) und Giftstoffe (Alkoholabusus, Rauchen) können die Fruchtbarkeit ebenfalls negativ beeinflussen.

Diagnostik
Um für den jeweiligen Typ der Fruchtbarkeitsstörung die geeignete Behandlung auswählen zu können, ist eine sorgfältige Diagnostik notwendig. Diese umfasst neben der Erhebung der Krankengeschichte und körperlichen Untersuchung eine Ultraschalluntersuchung der Hoden, eine zweimalige Ejakulatuntersuchung (Untersuchung des Samens) sowie eine Blutuntersuchung zur Bestimmung der Geschlechtshormone. Eine Ejakulatuntersuchung ist nur aussagekräftig, wenn sie nach einer 2-7tägigen Karenzzeit (kein Samenerguss) durchgeführt und spätestens 30 Minuten nach Gewinnung des Ejakulates ohne längeren Transportweg begonnen wurde. Typische Auswertungskriterien sind die Anzahl der Spermien sowie deren Beweglichkeit und Form.

Therapie
Die konservative Therapie einer Fruchtbarkeitsstörungen besteht u.a. darin, dem Paar einen zielgerichteten und zyklusoptimierten Geschlechtsverkehr anzuraten. Bei der Beratung des Paares werden auch mögliche Risikofaktoren (z.B. Stress, Medikamente, Giftstoffe) angesprochen. Die medikamentöse Therapie konzentriert sich auf die medikamentöse Substitution bei Störungen der hormonellen Regulation und die Gabe von Antibiotika bei Entzündungen des Hodens, Nebenhodens, Prostata und Bläschendrüsen.
Viele andere medikamentöse Therapieformen zur Verbesserung der Spermienbeweglichkeit oder zur Anhebung der Spermienzahl haben sich als nicht wirksam erwiesen.
Bei Patienten mit geringer Samenergussmenge (z.B. Diabetiker, querschnittsgelähmte Patienten) und Störungen der Ejakulation (z.B. trockener Erguss) kann durch Medikamente und/oder penile oder rektale Stimulationsverfahren versucht werden, die Samenergussmenge zu vergrößern und die Qualität des Ejakulats zu verbessern. Die operative Therapie richtet sich nach der zuvor in der Diagnostik festgestellten Ursache der Fruchtbarkeitsstörung.

Für Patienten mit einer Krampfader (Varicocele) stehen verschiedene Operationsverfahren zur Verfügung. So kann die Krampfader verödet oder operativ unterbunden werden. Dadurch kann die Qualität des Ejakulats verbessert werden. Der Erfolg bezüglich einer verbesserten Schwangerschaftsrate bei der Partnerin ist umstritten. Bei Heranwachsenden sollte eine Krampfader therapiert werden, wenn der betroffene Hoden kleiner ist.

Ein Verschluss der ableitenden Samenwege sollte operativ korrigiert werden. Häufig ist eine vorangegangene Sterilisationsvasektomie (Unterbindung der Samenleiter) Ursache des Verschlusses. Hier können mit den unter dem Mikroskop durchgeführten Operationsverfahren hohe Erfolgsraten erreicht werden.
Aber auch Verschlüsse infektiöser Ursache sind mit einer guten Erfolgsrate therapierbar. Sollte eine Durchgängigkeit nicht erreicht werden, werden die bei diesen Patienten möglicherweise während der Operation entnommenen und tiefgefrorenen Spermien für eine künstliche Befruchtung eingesetzt. Bei Patienten, die unter einer Samenproduktionsstörung leiden und bei denen die Spermienanzahl oder Qualität aus dem Samenerguss für eine künstliche Befruchtung nicht ausreicht, werden Hodengewebsproben entnommen, die auf vorhandene Spermien untersucht werden. Sind befruchtungsfähige Spermien nachweisbar, werden diese tiefgefroren und zur künstlichen Befruchtung nach hormonaler Vorbereitung der Partnerin eingesetzt. Welches Verfahren der künstlichen Befruchtung zur Anwendung kommt, ist abhängig von der Qualität der Spermien und den Befunden bei der Partnerin. Bei operativ entnommenen Spermien führt das ISCI-Verfahren (direktes Einbringen eines Spermiums in eine Eizelle) zu einer Befruchtung.